Auguri Sicilia !
Lavathron 27.12.02 - 4.01.03
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Cinema
Touren
um den Ätna faszinieren immer wieder durch die Vielfalt der
umliegenden Kleinstätte
Linguaglossa auf der Ostseite des Ätnas.
Selbst nach zwei Monaten der großen Ausbrüche sind die Einwohner
immer noch mit den Aufräumarbeiten beschäftigt. Unmengen an
Vulkanasche sind noch in den Straßen vorhanden.
Auf den Nordstern Polaris
gerichtete Kamera und Ätnas leuchtende Lavaströme vom 3.Januar
2003
Trügerisch
romantisch erscheint hier das Bild des Feuerthrones mit seinen
Lavaströmen. Es war eisiger WINTER auf diesem Berg und nach
zwei Nächten am 30/31.12.02 und 2/3.12.03 kann man mit Gewissheit
sagen das Gertrud Keim, Werner Zagler und ich wieder einmal eine
von Feuer und Eis geprägte, durchaus elementare Darbietung miterlebten.
.
Hinweis:
Die Besteigung des Ätnas im Winter erfordert hochalpine
Erfahrung und sehr gute Geländekenntnisse. Gewitter-, Hagel-
und Schneestürme bis 140km/h bei Minusgraden von -15°C
machen den Aufenthalt in der Gipfelregion ohne ausreichende
Ausrüstung zu einem gefährlichen Unternehmen. Es gibt in der
Gipfelregion keinerlei Schutzmöglichkeiten mehr, da das Torre del
Filosofo nicht mehr zugänglich ist*!!
*Ausgenommen
davon sind selbstverständlich hartgesottene
Ausgrabungsfanatiker die sich durch eine Meter dicke
Lapillischicht zum Eingang des
Refugio
durchwühlen wollen!
Das
einzige sichtbare Utensil des Gebäudes ist nach dem
Update
(12.Dec) von B. Behncke
die
Antenne, die gerade noch 30 cm "herausragt". Uns blieb
dieser Anblick jedoch verborgen ,da wie schon erwähnt die meteorologischen
Extreme an diesem Berg gewaltig waren. Damals konnte der
Schweizer Peter Diethelm den wir anfangs November am Refugio
trafen das Verschwinden des seit 1956 existierenden Gebäudes
leibhaftig miterleben. Demnach wurde das Gebäude binnen weniger Stunden von dem glühendem
Lapilliregen komplett zugehagelt
und
anfangs Dezember
2002
buchstäblich
geschluckt.
Der Grund war, das ein von den Novembereruptionen
unscheinbar existierender Krater der zu dem Gebäude
näher lag,
erneut aktiv wurde.
Die Lavafontäne neigte sich damals unglücklicherweise so weit
über das Gebäude das Peter Diethelm mit Glück von sich
behaupten kann, dieses Ereignis unbeschadet überlebt zu haben.
Er konnte damals mit dem Rucksack als Körperschutz durch das letzte
noch freie Ostfenster aus dem Haus türmen, und dem arealen
Flächenbombardement knapp entkommen. Dieses Erlebnis wurde von
selbst von ihm gefilmt und in der Pro 7 Sendung Galileo
ausgestrahlt.
Die 40 Sekunden lange belichteten
Aufnahmen zeigen eine leichte eruptive Tätigkeit des
oberhalb liegenden Kraters. Austretende Gase wurden durch
die Lavaströme illuminiert und durch die hohe
Windgeschwindigkeit beinahe horizontal weggefegt. ( Bild-
ausschnitt 200m ). Selbst die aufsteigende Lavafontäne wurde
bereits beim Austritt um 50 m versetzt und verteilte sich in
danach weiträumig im Gelände.
Im Zusammenhang mit
dem Ausbruch am 27.Oktober stehen die Lavaausflüsse
unterhalb der neu entstandenen Krater. Das T d' F liegt
oberhalb. Der Beginn des Lavaaustrittes datiert auf den
13.November 02.(Update B. Behncke ). Ein ca. 30 - 40 m hoher
Lavahügel baute sich nach hoher eruptiver Intensität über
ca. 8 Wochen auf. Die Austrittsstelle am südlichen 'großen
Krater' erreichte die Höhe von 2770 m ü NN (eigene GPS
Messung +- 5m).
Photos: Lavacanyon
nach der Austrittsstelle. Abflussverstopfung durch einen
festeren Brocken auf dem linken Bild. Die Breite des Canyons
betrug etwa 2-3 Meter, die Tiefe jedoch bleibt ungewiss.
Womöglich war es ein tiefer Riss da wir die abfließende
Menge auf 5 m³ / sec schätzten. Selbst bei diesen tiefen
Lufttemperaturen war im Abstand von drei Metern die
abstrahlende Hitze so enorm, das man wirklich das Gefühl
hatte, jemand drücke einem eine heiße Bratpfanne an die
Wange
An
diesem urweltlichen Ort machten wir dazu noch die Erfahrung,
dass der Orkan mit
seiner Kraft durchaus in der Lage war, uns in diesen Canyon
zu drücken. Diese Aufnahmen entstanden eigentlich mit Hilfe
einer eher prähistorischen Fortbewegungsart. Auf allen
Vieren ließen wir das evolutionäre Kapitel 'Mensch
lernt aufrecht gehen' Revue passieren und hatten auch die dementsprechende
Kulisse dazu. Der Erfolg blieb
aus, da nicht einmal das aufrecht Stehen möglich
war. In ernsthaften Diskussionen wurde dann schon mal
gemutmaßt, was wäre wenn einer von uns wirklich da
hineinfiele? Wir gaben uns eine 30% Überlebenschance.
Durchaus könnte es möglich sein, wenn man in diesen Pool
unfreiwillig einsteigt und nicht unter Schock steht, den 5 -
8 Meter entfernten 'Ausgang' zu erreichen. Das spezifische
Gewicht der Lava würde ein Einsinken vermutlich schwer
zulassen (Selbstexperiment vom 2/3 April 2000 ) und somit
besteht durchaus die Möglichkeit schneller als sonst ( 8,79
s auf 100 m)* auf
dieser zähfließenden Substanz zu laufen Allerdings
würden Textilien aus Plastik sofort Feuer fangen. Tja,
unglücklicherweise ist keiner von uns da hineingefallen und
somit müssen wir auf eine brauchbare Antwort bis zum
nächsten mal warten. *(Momentaner
Weltrekord bei 9,79 s auf 100m )
3.01.03;
Das linke Bild zeigt einen etwa 15m tiefen Canyon. Der
Lavastrom kam nach seiner unterirdischen Reise über eine
Entfernung von etwa 50m wieder zum Vorschein (Tube). Rechts
die Umgebungskarte der südlichen Region.
Videoclips:
(Klick auf die Photos)
Links;
Lavablasen an der Austrittsstelle.
Mitgeführte eingeschlossene Gase in der nach oben
transportierenden Magma gelangen
unter der nachlassenden Drucksäule aufgrund der relativ
geringer werdenden geodätischen Höhe expansiv zur
Oberfläche. Rechts;
Abfließende Lava
im Canyon. Durch das nachlassende Höhenniveau der Lava werden
die bis zu drei Meter hohen Wände sichtbar. Allein durch die
mechanischen Kraft der zähen Lava wurden die Wände mit
horizontalen Rillen versehen
und dementsprechend zurecht geschliffen. Fast ähnliche Zeichen
zeigen die ausgearperten Gletscherbetten in den
europäischen Alpen. Dort hinterließen
mitgeführte Felsbrocken im Gletschereis tiefe Furchen in den seitlichen Felswänden
Bei der
Umrundung des Thrones trat der bis zu 8 Meter breite
massenreiche Lavastrom komplett in Erscheinung. Die Abstrahlung
der Hitze ließ aber nur ein Herankommen bis maximal 5 Meter
zu. Durch das starke Gefälle erreichte dieser Abzweig
immerhin eine Geschwindigkeit von etwa 3m/sec.
Warum
eigentlich Lavathron ? Jeder der diese aktive Stelle dazumal gesehen hatte war der
gleichen Meinung man könne diese exponierte Stelle gar
nicht besser benennen. Wie ein erhabener Sitz erscheint der
Lavacanyon von unten aus gesehen ( Photo rechts) und sollte
er mal nicht von Göttern besetzt sein gäbe es momentan
wohl genügend Erdlinge für diesen heißen Stuhl...
Eisbrecher
Videoclips,
Eisbrecher
(1,4 MB )
Wohl
eine kleine Überraschung ist, wenn einem beim zweiten Aufstieg (2.1.03)
prompt ein neuer Lavastrom entgegen kommt. Der Anblick
erinnerte wirklich an einen Eisbrecher der allerdings 'Kiel oben' das
Eisfeld buchstäblich zerteilte. Erlebnisse von meinem ersten Besuch
1991 kamen mir in die Gedanken. Auf dem Bild links kann man sehen,
wie
sogar bis zu einem Meter große Eisschollen beiseite geschoben wurden.
Etwa
50 m hinter der
Front
bildeten sich
an
der Flanke des Lavastromes
unter der
etwa 2 Meter dicken Eisschicht kochende Seen die
durch den entstandenen Dampfdruck nach vorheriger Ankündigung
durch hörbar dumpfe Schläge sozusagen 'explodierten' und wiederum
kleine Eruptionen entstehen ließen. Bis zu 30 Sekunden schoss das Asche -
Dampfgemisch unter beachtlichem Getöse etwa 5 Meter in die Höhe. Das kam wohl daher, dass das Wasser
in den Hohlräumen durch den sich ständig bewegenden Lavastrom zum
Teil komplett eingeschlossen und komprimiert wurde und somit unter hohem Druck, explosiv
durch die Eisoberfläche drückte. Dieses Phänomen konnte auch bei dem
ersten nächtlichen Lavastrom beobachtet werden. Somit wurde uns das
Prinzip eines Dampfkessels mit einem defekten Überdruckventil anschaulich und live demonstriert. (mir zumindest!).
Sie
kam um 2.00 nachts
Endlich
nach dem Abstieg vom Thron, dem Sturm des ausgesetzten Eisplateaus entkommen
fanden wir an den drei Meter hohen warmen Lavabanden auf 2600 m die einzige
windgeschützte Nische am ganzen
Ätna. So konnte man trotz der tiefen Temperatur ( minus 10 - 15°C )
ohne Zelt, im Schlafsack unter den Sternen liegen. Hingabevoll hackte
Werner für Gertrud und sich eine 2 x 2 Meter große plane Vertiefung
ins Eis und gab damit die Voraussetzung für eine erholsame Nacht.
Gertrud sagte um 1 Uhr noch skeptisch zu mir ," bist du dir sicher
das der rechte untere Ausfluss nicht zunimmt". Mit grenzenlosem
Optimismus antwortete ich " nö, nö, der verzweigte Lavafluß
(Bild Mitte) zeigt seit Stunden keine Änderung".
Von
wegen. Eingepackt und
höchst zufrieden, fast schon im Schlaf, hörte ich doch tatsächlich
gegen 2 Uhr ein deutliches klirren hinter mir. Na gut, erst mal einen
Augendeckel heben und sich umdrehen. Und was musste ich da leider
feststellen. In ca.10 m Entfernung rote Glutbrocken die sich auch noch
in meine Richtung bewegten. Erst mal liegen bleiben, dachte ich mir. Es
könnten ja die Glutbrocken des alten Stromes sein und wenn nicht, gab es immer
noch die Hoffnung, dass sich eventuell der neue Strom in dem alten Bett vorbeischiebt.
Nix da ! Zehn Minuten später plärrte Gertrud zu
mir, "he Thorsten, magst nicht mal aufsteh'n". Mittlerweile
hatte sich die 5 Meter hohe Glutwand die ich aus meiner
Liegeposition nicht sehen konnte, auf ein paar Meter boshaft genähert. Nachdem
wir auch noch in einer Nische lagen wurde uns diese Versetzung der Bande
doch zum Verhängnis
da die Lava
genau
hier übertrat.
Übermüdet und äußerst grantig pellte ich mich aus dem Schlafsack und
bemerkte das wir unser Nobelquartier schnellstens verlassen müssen.
Und so kam es,
dass innerhalb von zwei Minuten ESSEN, WOHNEN, SCHLAFEN sich als
Schmelzwasser wieder fanden
(rechts). Dazu noch fünf Meter Lava
drauf und fertig
war die Zerstörung. Leicht säuerlich standen wir um zwei Uhr nachts wieder mitten im
Orkan aber diesmal in Unterhosen .....Links: Wolkenbild
nach Sonnenuntergang.
Zwar kitschig, aber wahr. Oben, color
prosecuted mania: Diese bekannte Lichterscheinung verfolgte uns bei dieser
regnerischen Wetterlage auf Schritt und Tritt. Im Hintergrund die Eruptionswolken des
neuen Kraters.
Morgenstimmung über der erkalteten Lava vor drei
Tagen
Das vom Lavastrom zerstörte Cafe Esagonal an der
Sapienza
Werner Zagler, Gertraud Keim
Wieder im Umland des Ätnas genießen wir das wenige
Grün
Karte der neuen Lavaströme
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